BA course “Vilém Flusser und das Technische Bild”
BA “Major Kulturwissenschaften,” Vertiefung “Medienkulturwissenschaft” (2 SWS)
Das Seminar entfaltet sich entlang des Konzepts „Technisches Bild“, wie es Vilém Flusser insbesondere in seinem medientheoretischen Hauptwerk „Ins Universum der technischen Bilder“ (1985) ausformuliert hat. Folgen wir dem Prager Kulturphilosophen, so unterscheiden sich diese neuen Bilder von traditionellen Bildern darin, Dinge nicht nur abzubilden, sondern völlig neue Imaginationen zu entwerfen und sie als „Projektionen“ der Welt hinzuzufügen. Diese neuen Bilder – von fotografischen Experimenten über Bildkonstruktionen in der Videokunst und Informationsvisualisierung bis hin zu Computersimulationen – haben durchaus utopischen Charakter: Die bildgenerierenden Apparate tragen für Flusser das Potenzial, die menschliche Schaffenskraft so weit zu steigern, das neue Arten des Zusammenlebens realisierbar werden. Dies sollten neue Formen von Intersubjektivität sein, welche die Ungleichheiten der industrialisierten und massenmedialen Gesellschaften auszugleichen in der Lage sind.
Diese Analyse Flussers war zwar noch anschlussfähig an die euphorischen Debatten der 1990er Jahre zu den neuen Möglichkeiten digital vernetzter Gesellschaften. Sie wirkt aber spätestens seit den Enthüllungen von systemischer Überwachung, psychometrischem Targeting und anderen Formen digitaler Manipulation etwas naiv. Dennoch zeigt Flussers Konzept des Technischen Bilds mit seinen konstruktiven und generativen Eigenheiten ein spannendes Potenzial: Nicht nur als zeitgenössisches Narrativ, anhand dessen sich der Wandel der Diskurse um digitale Medien aufzeigen lässt, sondern auch als Inspiration für eine Ästhetik KI-generierter Bilder, welche die Frage nach dem Zusammenhang menschlicher Kreativität und Technologie neu stellt.
Im Seminar werden wir uns zunächst mit Flussers medientheoretischen Werk und dessen Wurzeln etwa in der Informationsästhetik der 1960er und 1970er Jahre sowie in künstlerischen Videopraktiken, mit denen er zu dieser Zeit in den USA und Frankreich in Berührung kam, auseinandersetzen und es in zeitgenössische Diskurse einordnen (mit Texten u.a. von Hannah Arendt, Jean Baudrillard und Donna Haraway). Hiervon ausgehend werden wir die Nachwirkungen von Flussers Werk ab den 1990er Jahren sowie seine heutige Bedeutung analysieren (mit Texten u.a. von Suzana Alpsancar, Cesar Baio und Alexander Galloway).
Ziel: Das Seminar soll Studierenden Grundlagen in medientheoretischen Theorien – aus europäischer, aber auch süd- und nordamerikanischer Perspektive (nach seiner Flucht vor der deutschen Annexion der Tschechoslowakei lebte Flusser bis 1972 in Brasilien) – vermitteln und sie dazu befähigen, diese kritisch und analytisch auf aktuelle Theorien, Technologien und Praktiken anzuwenden.
MA course “‘Gedankenausstellung’: kuratorische Studien anhand der Ausstellungspraxis Bruno Latours”
MA “Masterprogramm Kulturwissenschaften: Medien und Digitale Kulturen” (4 SWS)
„The globe is something viewed from the outside, from a Galilean point of view. The critical zone is a view from the inside. Our show is about this contrast.“ – Mit dieser Triangulation lokalisierte Bruno Latour unsere Mission am 22. Januars 2018, der erste Tag unseres Forschungsseminars an der HfG Karlsruhe. Über zwei Jahre hinweg bereitete das Seminar die Ausstellung „Critical Zones – Horizonte einer neuen Erdpolitik“ konzeptionell vor, die am 23. Mai 2020 am benachbarten ZKM | Zentrum für Kunst und Medien eröffnen sollte.
In unserem Seminar in Lüneburg werden wir von jener kuratorischen Planung von „Critical Zones“ ausgehen, um uns dem Konzept der „Gedankenausstellung“ zu nähern, welches Latour zusammen mit Peter Weibel und wechselnden Co-Kurator*innen im Verlauf von vier am ZKM entwickelten Ausstellungen entwickelt haben. Dieses Konzept rahmt die Medialität von Ausstellungen als Gedankenexperiment im Sinne eines ästhetischen Versuchsraums, in dem komplexe Fragen und mögliche Antworten – zur Rolle von Repräsentation in Wissenschaft, Religion, Kunst und Politik bis hin zu den globalen Erschütterungen des Klimawandels im Anthropozän – untersucht und erprobt werden können. Neben den vier Ausstellungen am ZKM werden wir uns weitere Fallbeispiele zu forschungsintensiven kuratorischen Projekten anschauen (bspw. „Les Immatériaux“, kuratiert von Jean-François Lyotard und Thierry Chaput am Centre Pompidou, Paris, 1985). Theoretisch begleitend werden wir u.a. neuere Konzepte der Curatorial Studies diskutieren, die, wie die Gedankenausstellung, Perspektiven des Kuratierens konzeptionell erweitern (bspw. „The Curatorial“ als diskursiv-partizipatorische Haltung, entwickelt u.a. von Maria Lind, Beatrice von Bismarck und Irit Rogoff).
Die im Seminar durchgenommenen Theorien und Fallbeispiele sind auf ein praxisorientiertes Projekt ausgerichtet, welches die Studierenden im Verlauf des Semesters entwickeln werden: In Einzelarbeit oder in Gruppen sollen Konzeptpapiere entstehen, mit denen eigene Gedankenausstellungen erdacht und für ein mögliches institutionelles Umfeld (Museen, Galerien, Projekträume etc.) hypothetisch, aber dennoch umsetzungsorientiert, geplant werden können.
Ziel: Durch die im Seminar besprochenen Themen sollen sich Studierende Kompetenzen in Ausstellungstheorie und -praxis aneignen können, um spatio-ästhetische Zusammenhänge zu analysieren und zu bewerten. Das Seminar soll außerdem Umrisse des philosophischen und wissenschaftssoziologischen Werks Bruno Latours (im Kontext seiner Ausstellungsprojekte) sowie die in den Fallbeispielen behandelten Themen (u.a. Klimawandel, Informatisierung und Materialität, Posthumanismus, Repräsentation) vermitteln. Schließlich soll der Kurs die Studierenden dazu befähigen, kuratorische Strategien zu analysieren, sie methodisch zu diskutieren sowie eigene Ausstellungsprojekte (auf konzeptioneller Ebene) zu entwickeln.
BA course (HMS) “Interface Critique: On the conditions and contingencies of apparatuses and applications”
Leuphana Bachelor, Major Digital Media – in cooperation with Hamburg Media School (2 SWS)
“Interface Critique” coordinated by Florian Hadler (Berlin University of the Arts), Alice Soiné (University of Potsdam) and Daniel Irrgang (lecturer at this seminar), is both a research project and a publication platform (Open Access: https://interfacecritique.net). The aim of the initiative is to bring together researchers and practitioners (i.e., designers, developers, artists) who deal with interfaces mediating technologies and the “users” (human or non-human) that interact with them. The project is not so much interested in improving usability or optimizing user experience, nor is it limited to digital devices or graphical user interfaces. To get a grip on the diverse aspects of interfaces, we need to broaden our focus and include politics, history, philosophy, aesthetics, economics, sociology, technology, architecture, art, design and various cultural techniques. From this broader perspective, it will then be possible to carry out critical analyses of interaction processes with apparatuses that can range from analogue drum machines to the human-processing infrastructures of post office counters to conversational user interfaces. Issue no. 6 (summer 2025) of the “Interface Critique” journal will focus on questions of aesthetics to investigate how form and practices of interaction between technology and user are mutually dependent.
Goal: This course as part of the Major Digital Media is an open invitation to not only develop possible Bachelor thesis topics but to also contribute to our journal, be it in form of short research papers or rather visual or design-focused contributions. Such a publication is of course not obligatory, but as editors we are happy to offer editorial support to provide you with the opportunity of an early career academic/professional publication. In addition to foundations in interface and interaction theories, the course will discuss positions from media, art, and cultural studies as well as the philosophy of mind/cognitive science and the philosophy of technology. Besides explicit interface issues, we will also include wider discourses such as Californian Ideology, techno-solutionism, or digital sovereignty to provide a broader bandwidth for possible BA thesis and/or paper topics.