Summer Semester 2016: Utopien der technischen Bilder: Vilém Flusser (et al.)
Blockveranstaltung, 18.–22.7.2016, 10–16 Uhr, Raum 112
Mit dem provokanten Statement „synthetic images as an answer to Auschwitz“ schloss der Medien- und Kulturtheoretiker Vilém Flusser 1990 ein Interview. Wie viele seiner Zeitgenossen suchte auch Flusser, der fast seine gesamte Familie an die Mordmaschinerie Nazideutschlands verloren hatte, einen Ausweg aus jener un-denkbaren Katastrophe, die das Licht Gottes und das der Aufklärung ausgelöscht hatte. Trotz der eigenen Erfahrung mit dem industrialisierten Massenmord gelang es Flusser, den Einbruch der Technik als Möglichkeit für den Entwurf besserer Welten zu konzipieren. Zentrales Element in Flussers Schriften ist das technische (synthethische) Bild, das nicht als Abbild auf Phänomene verweist, sondern Konzepte in die Welt entwirft. Es war vor allem das computergenerierte Bild, in das Flusser seine Hoffnung setzte: Dass neue Welten möglich sind, die vor den Fehlern der Vergangenheit bewahrt werden können.
Das Seminar analysiert Flussers spannungsreichen Bildbegriff anhand zentraler, teils unveröffentlichter Texte. Es bettet den Begriff zudem diskursiv ein: in die Informationsästhetik (Abraham A. Moles), in den Hype um Cyberspace und Virtual Reality der 80er- und 90er-Jahre (Ted Nelson, Florian Rötzer), in Konzeptionen der Einbildungskraft (Kant, Dietmar Kamper), aber auch in die Diagrammatologie, die das kognitive und epistemische Potenzial von Diagrammen untersucht.